6. Art Brut-Biennale: Gesichter

Unser Gesicht ist das, was uns einzigartig macht. Seine Züge und seine Mimik vermitteln alles über uns: Körper und Geist. Nimmt man uns die Aussagekraft des Gesichts, und sei es auch nur teilweise, weg, fühlen wir uns wie verstümmelt, als hätten wir einen Teil unserer Menschlichkeit verloren.Eine Möglichkeit, über das Gesicht nachzudenken, ist, seine Rolle in der Kommunikation zu betrachten. Wir wissen, was passiert, wenn sich die Augen zweier Menschen treffen, und wie Kinder ihr Selbstbewusstsein aufbauen, indem sie die Mimik derjenigen beobachten, die sie erziehen sollen... Aber das Gesicht erfüllt auch einen anderen, widersprüchlicheren Zweck: Es ist die sichtbare Oberfläche dessen, was in uns verborgen ist. Das Gesicht ist die sichtbare Oberfläche dessen, was in uns verborgen ist: Es enthüllt und verbirgt unsere Gedanken, unsere Gefühle, unsere Sorgen und unsere Emotionen und verdient daher eine anthropologische Betrachtung. Für die Art Brut - eine Kunstform, deren Existenz von einer kreativen Notwendigkeit bestimmt wird - nimmt diese Erkundung einen besonderen Charakter an: Unabhängig davon, wie sozial oder kulturell marginalisiert ihre Schöpfer sind, zwingen uns diese Werke mit ihren figurativen Untertönen dazu, lange und gründlich darüber nachzudenken, was uns zu Menschen macht. Diese Gesichter - einige aufmerksam, fragend, suchend oder kommunikativ, andere ausdruckslos, leer oder zurückgezogen - fangen die Art und Weise ein, wie wir mit der Welt um uns herum in Beziehung stehen, und zwingen uns durch eine Art mise en abyme dazu, unsere inhärent persönliche Erfahrung des Menschseins zu hinterfragen.


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